Massstab

Unser aller Leben sollte immer einfacher werden. Tut es aber nicht. Das Leben wird immer teurer, der Behördengang immer aufwendiger, die Informationen immer fragmentierter, die Lügen immer schamloser, die Beziehungen immer komplexer, die Medien immer einseitiger, die Mantras immer unsinniger und die Gräben in der Gesellschaft immer tiefer.


Ursachen- statt Symptomanalyse

Eine der Ursachen, warum unser Leben in immer gleichen Bahnen verläuft und dadurch nicht einfacher und angenehmer wird, ist unser Glaubens- und Wertesystem. Es hat sich in Tausenden von Jahren nicht verändert. Die Ursache für Probleme wird in der mangelhaften Anwendung des »Maßstabs« gesehen und nicht im »Maßstab« selbst. Was, wenn wir unsere Richtschnur von Grund auf ungenau abgespannt haben? Eine solche Erkenntnis würde alles verändern.

Das englische Wort »religion« leitet sich vom mittelenglischen »religioun« ab, das aus dem altfranzösischen »religion« stammt. Es könnte ursprünglich vom lateinischen Wort »religo« abgeleitet worden sein, das »guter Glaube«, »Ritual«, »Kult« und andere ähnliche Bedeutungen hat. Oder es stammt vom lateinischen Wort »religãre« ab, das »festbinden« bedeutet.

Wie die allermeisten von uns verstaute ich die Furcht vor dem Tod in der hintersten Ecke im 428sten Kellergeschoss meines Unterbewusstseins und schloss die Tür hinter mir. Wir Männer sind gut darin, Dinge zu organisieren, zu verstauen und zu verdrängen. Vielleicht kommt von da auch unsere Affinität zu Kellern und Garagen. Frauen sind da ganz anders. Sie haben es nicht so mit Garagen und Kellern, aber sie haben es mit Kisten, Schränken und Taschen. So wollen sie immer die Kisten auspacken, die ganz hinten im Schrank stehen, ewig darüber reden und sie wühlen in unserer Psyche, wie sie es jeden Tag in ihren Handtaschen tun. Schwerer Seufzer.

In schönen Zeiten denken wir nicht über den Tod nach. Ich vergaß die Kiste, ich vergaß den Keller. Die Jahre zogen ins Land und ich genoss mein Leben, meinen ersten Kuss, mein erstes Bier, meine erste Wohnung, meinen ersten Job. Aber von Zeit zu Zeit schieben sich dunkle Wolken vor die Sonne und genau dann, wenn wir es am wenigsten erwarten, finden wir uns in Kirchen, auf Friedhöfen und an Gräbern wieder und die verdammte Kiste aus dem 428sten Tiefgeschoss findet dich.

Klassensystem

Alle Geschichten, die uns über Gott erzählt werden, riechen verdächtig nach Mensch. Das gilt auch für alle Religionen, die ausnahmslos Leistungs-Gesellschaften sind, und sie alle drohen mit endgültigen Konsequenzen. Wenn unser Gott ein völlig durchgeknallter, soziopathischer Wahnsinniger ist, dessen Vorliebe für Blutorgien und Amokläufe selbst die ”Ndrangheta in den Schatten stellt, ist es nicht verwunderlich, dass die Leute alles daran setzen, den Fährmann zu bestechen, um nicht über den Jordan gebracht zu werden. Denn was wir auf der anderen Seite anzutreffen erwarten, findet sich auf Erden nur in Gummizellen und Todestrakten.

Die Religionen haben sich auf Lösungen von Problemen spezialisiert, welche es ohne sie gar nicht gäbe. Alle Menschen wurden zu Sündern erklärt und bedürfen einer Erlösung. Die Probleme entstünden durch die Sünde, keinesfalls durch das Erlösungskonstrukt.

Wir haben die Praline »Gott« mit soviel Füllung vollgestopft und bis zur Ungenießbarkeit mit derart viel Schokolade und Couverture überzogen, dass sich immer mehr Leute weigern, das Teil auch nur mit einem Stock anzufassen. Lecker geht anders.

Wir haben schon vor langer Zeit aufgehört zu suchen, weil wir glauben, schon gefunden zu haben. Und all jenen, die meinen, sie hätten die klassischen Religionen sowieso überwunden, sage ich: Schminkt euch euer selbstgerechtes Lächeln aus dem Gesicht, denn euer interreligiöses Tetris mit herausgepickten Rosinen hat mit der Suche nach der Wahrheit überhaupt nichts zu tun. Es ist nichts anderes als pseudospirituelle Masturbation.

Mit den Religionen wurden alle Probleme, die wir heute haben, eingepflanzt und wurden so über Tausende von Jahren Teil unserer Wahrnehmung, Identität, Kultur und unserem Verständnis der Welt und unseres Platzes darin. Die Religionen sind das Fundament von unserem Medien-, Bildungs-, Gesundheits-, Banken-, Sozial- und Machtsystem.

Aber wieso auch sollten wir unser Gottesbild korrigieren? Über Generationen halten uns die Kirchen arm und der Staat uns dumm. Das gesamte Funktionieren unserer Gesellschaft ist auf Angst aufgebaut. Auf die Angst vor dem Tod – auf der Angst vor Gott. Wir glauben gefunden zu haben und haben die Suche deshalb eingestellt. Schwerer Seufzer.

Das System verändern

Wir lösen nicht das System ab, wir tauschen nur die Systemlinge aus. Wir erneuern nicht den Maßstab, nur die Vermesser. Jedes »Religionssystem«, jedes »Glaubenssystem« und jedes »Wertesystem« ist ein Klassensystem, ein Machtsystem, in welchem die Menschen nicht gleichgestellt sind. Teile und herrsche.

Heute wird das installierte Narrativ zur Religion erklärt. Wokeness, Klima- und Coronakult erheben Absolutheitsanspruch. Die Experten sind die neuen Hohepriester. Die richtige Meinung wird zum Glaubensbekenntnis, die Klimademo zum Gottesdienst. Das Fahrrad zum Kultgegenstand. Regenbogenfahne und Maske zum Statussymbol. Gendern zur Zungensprache. Die Impfung zum heiligen Sakrament. Die Medien zur heiligen Schrift. Solidarität und bedingungsloser Gehorsam zum Mantra. Kritik ist Blasphemie. Diskurs ist Versuchung. Fragen sind des Teufels.

Oder in den Worten von George Orwell: »Krieg ist Frieden! Freiheit ist Sklaverei! Unwissenheit ist Stärke!«

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Jack Kabey

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