Querdenker

Jack Kabey - The Speech
Jack Kabey – The Speech
Querdenker
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Bevor wir unser Medien-, Rechts-, Gesundheits-, Bildungs-, Banken-, Wirtschafts-, Energie-, Glaubens- und Regierungssystem erneuern, müssen wir unsere Art zu denken erneuern. Revolution beginnt im Kopf. Nachplappern ist nicht Nachdenken. Wer die Welt bewegen will, muss erst sich selbst bewegen.


Was das Denken angeht, so erfahren wir zwar viel darüber, was wir denken sollten, aber viel zu wenig darüber, wie wir denken könnten. Wenn wir nur Wissen und Erfahrung abbilden, dann sind wir wie der Mond, der bloß das Sonnenlicht reflektiert, ein tiefer See, der lediglich einen kleinen Teil seiner Umgebung widerspiegelt, oder ein Felsmassiv, das einzig die Schallwellen eines Rufers widerhallt. Papageiengeschnatter und Wiederkäuen von Informationen ist kein Denken. So wird nur die Vergangenheit in die Zukunft projiziert. Gibt es deshalb nichts Neues unter der Sonne?

Es ist wie bei der künstlichen Intelligenz: Solange der Algorithmus einem bulimischen In-Out-Muster folgt, ist er harmlos. Kommt es aber zur Singularität, zum Erwachen des eigenständigen Denkens (Wahrnehmungs-, Wissens- und Erfahrungsinhalte benennen, speichern, abrufen, neu verknüpfen und ableiten; innere Beschäftigung mit (ich-)bewussten, Konzepten, Prinzipien, Ideen und Erinnerungen ordnen, verknüpfen und gestalten), dann würde die Menschheit wirklich zu neuen Ufern aufbrechen.

Heute wird die neuste »Meinung« auf dem Catwalk der medialen Plattformen wie modische Kleidung präsentiert. Aktivisten sind die Mannequins der woken Meinungsdesigner. »Haltung to go« vom Fließband für das schein-informierte und pseudo-selbstbestimmte, in Selbstgerechtigkeit und Wir-Bewusstsein ersäufte Individuum. Dass das Ganze eine Fälschung ist, spielt längst keine Rolle mehr, Hauptsache Gesinnungslabel. Manipulation und Selbstbetrug war noch nie so edelkitschig.

Der hochnäsige Hipster von heute trägt ortho-moralische Schuhe, trinkt Gender-Macchiato und tuckert in einer pfizer-getunten, nato-zertifizierten, klima-verlogenen Regenbogenwolke über den medial ausgeleuchteten Mainstream-Highway durch die Divercity von Utopia, dem gleißend hellen und verheißungsvollen Licht der ideologischen Eskalation entgegen.

Sokratische Dialoge

Sokrates ging es im direkten Dialog darum, dem selbständig denkenden Menschen sein eigenes Denken und Wissen bewusst und damit nutzbar zu machen (Mäeutik). Sein Ansatz sieht im Dialog in kleinen Gruppen die Quelle zur Förderung des selbstbewussten, selbstverantwortlichen und selbstbestimmten Denkens des Einzelnen.

Versteht man den offenen Dialog als einen zeitlich und räumlich geschützten Raum (wie in einer Box), um der eigenen inneren Grundhaltung zu den Dingen des Lebens nachzuspüren, so wird jeder Teilnehmer als gleichberechtigt verantwortlich für eine gemeinsame Wirklichkeit gesehen, die hier und jetzt gestaltet wird.

Der Wechsel von zustimmenden und ablehnenden Fragen ist der wesentliche Motor eines solchen Dialogs, dessen Ziel die Erkundung der eigenen und fremden Gewohnheiten, Annahmen, Werte, Denk- und Verhaltensweisen in der direkten Begegnung ist.

Die Grundfrage lautet: »Was tust du und wie kommst du dazu, es so zu verstehen, wie du es tust?« Diese Frage zielt nicht darauf ab, irgendetwas zu verändern, zu bewerten oder zu verurteilen; vielmehr gibt sie Raum und Zeit für die Annahme dessen, was jetzt wirklich wichtig ist.

Sokrates

Der philosophische Steinmetz hinterließ keine einzige Zeile. Nur aus den Schriften des Platon lässt sich seine Philosophie erschließen. Es ist keine Lehre, kein System – eher eine Methode. Sokrates, selbst der Sohn einer Hebamme, nennt sie Hebammen-Kunst. Er spricht die Leute auf dem Markt, auf der Straße oder beim Saufgelage an. Er verwickelt sie mit Fragen ins Nachdenken über Dinge, die sie zu wissen glauben. Was ist Moral? Was ist Diplomatie? Was ist Freiheit? Wer einige Zeit mit Sokrates sprach, musste selbst entdecken, was der Mann auch sich selbst eingestand: Ich weiß, dass ich nichts weiß.

Sokrates wurde vor 2500 Jahren zum Tode verurteilt, weil er die Götter und Herrscher in Frage stellte. Er stachelte die Jugend auf. Seine Methode hätte eine echte kognitive Revolution ausgelöst und wäre zu einer Gefahr für das herrschende System geworden.

Es sollte uns zu denken geben, dass Sokrates, wenn er heute an einer Universität lehren würde, immer noch ganze Hörsäle füllen würde. War er wirklich ein großer Denker oder treten wir einfach seit Generationen auf derselben Stelle und sind deshalb keinen Schritt vorwärtsgekommen?

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Jack Kabey

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