Verzerrte Körperwahrnehmung, gequälte Seele: Eine revolutionäre Sicht auf die Wurzeln psychischen Leidens

Wenn Sie oder jemand, den Sie kennen, unter Stress, Angststörungen oder Depressionen leidet, dann ist dieser Artikel ein absolutes Muss! Die Idee ist so einfach wie bahnbrechend: Probleme mit dem Gleichgewichtssinn und der Körperwahrnehmung führen zu psychischen Problemen.

Die von mir entwickelte Hypothese der sensomotorischen Dysbalance postuliert, dass eine Dysregulation im Bereich des vestibulären Systems, das maßgeblich für die Aufrechterhaltung des Gleichgewichts verantwortlich ist, sowie der Propriozeption, der Fähigkeit, den eigenen Körper im Raum wahrzunehmen, vor allem durch unzureichende gezielte Stimulation entsteht und dass Störungen der Propriozeption und des vestibulären Systems keine Folge, sondern vielmehr eine grundlegende Komponente bei der Entstehung von psychischen Erkrankungen wie Angst, Depression, Schizophrenie und anderen psychischen Störungen sind.

Stress

Akuter und chronischer Stress haben signifikante Auswirkungen auf das vestibuläre System und die Propriozeption, da sie das Nervensystem und die körperliche Gesundheit beeinflussen, was zu vorübergehenden oder langfristigen Störungen des Gleichgewichts, der räumlichen Wahrnehmung und der motorischen Koordination führen kann. Die genauen Auswirkungen variieren von Person zu Person und hängen von der Intensität und Dauer des Stresses sowie von individuellen Unterschieden ab.

Akuter Stress

Vestibuläres System

  1. Das vestibuläre System ist für das Gleichgewicht und die räumliche Orientierung verantwortlich. Akuter Stress kann eine unmittelbare Reaktion des vestibulären Systems auslösen, die als “Schreckreaktion” bekannt ist.
  2. Diese Reaktion kann zu Schwindel, Benommenheit und einem gestörten Gleichgewichtssinn führen. Es kann auch zu einem Gefühl von Desorientierung und Unsicherheit führen.
  3. Stresshormone wie Katecholamine, Adrenalin, Noradrenalin und Dopamin werden freigesetzt und beeinflussen unter anderem den Blutfluss im Innenohr, was das Gleichgewicht weiter stören kann.
  4. In akuten Stresssituationen ist die Aufmerksamkeit auf die „unmittelbare Bedrohung“ gerichtet (Tunnelblick), was dazu führt, dass die Wahrnehmung des eigenen Körpers und seiner Bewegungen vernachlässigt wird.

Propriozeption

  1. Akuter Stress beeinträchtigt die Wahrnehmung der eigenen Körperposition und -bewegung vorübergehend.
  2. Die erhöhte Muskelspannung, die mit Stress einhergeht, schränkt die Gelenkbeweglichkeit ein und überlagert die propriozeptiven Signale, was zu einer vorübergehenden Verschlechterung der Feinmotorik und Koordination führt.
Chronischer Stress

Vestibuläres System:

  1. Chronischer Stress führt zu einer Überstimulation des vestibulären Systems. Dies kann zu anhaltendem oder wiederkehrendem Schwindel und einer gestörten räumlichen Wahrnehmung führen.
  2. Chronischer Stress führt zudem zu Muskelverspannungen und Haltungsschwächen, die das Gleichgewicht beeinträchtigen können.

Propriozeption

  1. Bei chronischem Stress kommt es zu einer kontinuierlichen Erhöhung der Muskelspannung, was die propriozeptiven Signale beeinflusst.
  2. Dies führt zu Verspannungen, Schmerzen und einer verringerten Bewegungsfreiheit, was wiederum die propriozeptive Wahrnehmung beeinträchtigt.
  3. Langfristiger Stress kann das Nervensystem erschöpfen und die Fähigkeit zur Reizverarbeitung und Körperwahrnehmung drastisch beeinträchtigen.

Eine gut trainierte Propriozeption und ein gut trainiertes vestibuläres System sind weit weniger anfällig für Stressreaktionen, da sie dazu beitragen, die Auswirkungen von Stress auf den Körper zu mildern und die Widerstandsfähigkeit gegenüber stressbedingten Beschwerden zu erhöhen. Gezielte propriozeptive Übungen verbessern die Körperwahrnehmung und erleichtern die Bewältigung von Stress.

Ein gut trainiertes vestibuläres System fördert ein stabiles Gleichgewicht und eine genaue räumliche Orientierung, was dabei hilft, stressbedingten Schwindel und Desorientierung zu bewältigen. Regelmäßiges Gleichgewichtstraining stärkt die Widerstandsfähigkeit gegenüber stressbedingten vestibulären Störungen.

Sensorische Unterforderung: Instabilität im Alltag

Die moderne Standardisierung von Infrastrukturkomponenten wie ebene Straßen und Gehwege, genormte Bordsteine, Beleuchtung, Treppenstufen und Handläufe sowie die häufige Benutzung von Aufzügen, Rolltreppen und Fahrsteigen führen dazu, dass unser Gleichgewichtssinn und unsere Körperwahrnehmung unterfordert und unzureichend trainiert werden. Diese mangelnde sensorische Stimulation hat ernsthafte Auswirkungen, da wir physisch und psychisch instabiler werden.

Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) stellen Stürze nach Verkehrsunfällen weltweit die zweithäufigste Ursache für tödliche Unfälle dar. Laut einer Studie hat sich die Gesamtzahl der tödlichen Stürze zwischen 1990 und 2017 fast verdoppelt

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Schuhe: Auswirkungen auf Gleichgewicht und Wahrnehmung

Schuhe schützen nicht nur vor Verletzungen und Kälte, sondern seit den 1970er Jahren versichert uns die Schuhindustrie auch, dass sie zur Vorbeugung von Gelenkverletzungen beiträgt. Die heutige Schuhpalette umfasst funktionelle Einlagen, biomorphe Konzepte sowie Gel-, Air- und Crash-Pads. Eine Vielzahl von Dämpfungssystemen wurde über Jahrzehnte entwickelt, um den Fuß zu schützen, zu polstern und zu stabilisieren. Dabei gilt oft die Maxime: Je mehr Dämpfung, desto besser.

Die tatsächliche Wirksamkeit der Dämpfung bei der Vermeidung von Verletzungen konnte jedoch bisher nicht nachgewiesen werden. Überraschenderweise zeigen Studien ein anderes Bild. Statistiken zeigen, dass sich jedes Jahr die Hälfte aller Langstreckenläufer verletzt, obwohl sie Schuhe mit hoher Dämpfung und Stabilisatoren tragen.

Schuhe haben einen negativen Einfluss auf den Tastsinn der Füße, was sich wiederum auf das Gleichgewicht, die Bewegungskontrolle und die Körperwahrnehmung auswirkt. Dies ist darauf zurückzuführen, dass Schuhe die Sensibilität verringern, indem sie den direkten Kontakt der Füße mit der Umgebung einschränken und die Stimulation der Nervenrezeptoren in der Haut reduzieren. Dies wirkt sich negativ auf die Fähigkeit aus, feine Unterschiede in der Oberflächenbeschaffenheit, Temperatur und Konsistenz wahrzunehmen.

Sensorische Defizite

Außerdem verringern Schuhe das Gefühl für die Bewegung und die Position unserer Füße, da sie die Bewegungsfreiheit einschränken und die Wahrnehmung des Bodens beeinträchtigen. Dies verändert unser Gangbild, da unser Gehirn Informationen über den Tastsinn benötigt, um unseren Gang anzupassen. Das Tragen von Schuhen wirkt sich auch auf unser Gleichgewicht aus, das eng mit dem Tastsinn verbunden ist. Gleichzeitig schwächen Schuhe die natürliche Muskulatur unserer Füße, was sich negativ auf unsere Haltung, Stabilität und Beweglichkeit auswirkt.

Stürze stellen die häufigste Unfallursache dar, Schwindel gehört zu den häufigsten Gründen, warum Menschen einen Arzt aufsuchen, und die Gesellschaft verzeichnet einen besorgniserregenden Anstieg von Angststörungen und Depressionen aufgrund der eingeschränkten sensorischen Anregung durch unsere Umgebung.

Offline in einer Online-Welt

Unsere Gesellschaft verliert immer mehr den Boden unter den Füßen und damit auch das Gefühl für sich selbst. Wenn die Augen die Fenster zur Seele sind, dann sind unsere Füße das Fundament, das unseren Körper mit der Welt verbindet und auf dem unsere Träume und Ziele ruhen, damit wir sie Schritt für Schritt verwirklichen können.

In einer Zeit, in der virtuelle Interaktionen und digitale Erfahrungen immer dominanter werden, nimmt die Bedeutung der physischen Präsenz ab. Als Vermittler zwischen dem Immateriellen und dem Materiellen spielt der Körper eine entscheidende Rolle in der menschlichen Existenz. Unser Körper ist die Brücke, die unseren Geist mit der Welt verbindet. Wenn unser Körper offline geht, erleidet unser Geist Schiffbruch und verliert die Orientierung im Ozean der physischen Realität.

Ein revolutionärer Ansatz

Ob im beruflichen Umfeld, in der Freizeit, im Rahmen medizinischer oder psychiatrischer Behandlungen, in sozialen Kontexten – selbst im Bereich der Konflikt- und Krisenbewältigung stoßen wir immer wieder auf Sicherheits- und Interventionskonzepte, die sich auf die Behandlung von Symptomen statt auf die eigentlichen Ursachen konzentrieren.

Diese Herangehensweise fokussiert oft auf oberflächliche Anzeichen und kurzfristige (Schein-)Lösungen, ohne die tieferen Ursachen der Probleme anzugehen.

Wahrnehmung führt zu Körpergefühl,
Körpergefühl zu Balance,
Balance zu Sicherheit,
Sicherheit zu Freiheit
und Freiheit zu Fortschritt.

Die Wahrnehmung der Umwelt und der eigenen Empfindungen führt zu einem Körpergefühl, das uns für Unregelmäßigkeiten und Ungleichgewichte sensibilisiert. Ein gut entwickeltes Körperbewusstsein ermöglicht es uns, unser Inneres und Äußeres in Einklang zu bringen. Dieses Gleichgewicht, sei es physisch, emotional oder mental, bildet die Grundlage für ein Gefühl der Sicherheit.

Sicherheit ist mehr als nur die Abwesenheit von Bedrohungen. Sie entsteht aus dem Vertrauen in unsere Fähigkeiten, mit Herausforderungen umzugehen, und aus einem stabilen Gefühl der Selbstwirksamkeit. Wenn wir uns sicher fühlen, sind wir eher bereit, neue Möglichkeiten zu erkunden und uns aus unserer Komfortzone zu bewegen. Dieses Sicherheitsgefühl schafft den Raum für Freiheit.

Die Freiheit, die aus Sicherheit erwächst, ermöglicht es uns, unser volles Potenzial auszuschöpfen und unsere Ziele zu verfolgen. Wir können unsere Kreativität entfalten, uns engagieren und uns selbstverwirklichen. Diese Freiheit ist der Treibstoff für individuellen und gesellschaftlichen Fortschritt.

Die beschriebene Kausalkette – von der Wahrnehmung zum Körpergefühl, vom Körpergefühl zur Balance, von der Balance zur Sicherheit, von der Sicherheit zur Freiheit und von der Freiheit zum Fortschritt – zieht sich durch alle Bereiche unseres Lebens.

Sie zeigt, wie tief diese Aspekte miteinander verwoben sind und wie sie sich gegenseitig beeinflussen. Dieser ganzheitliche Ansatz, der die Ursachen hinter den Symptomen anspricht, führt zu echter Entwicklung und letztlich zu nachhaltigem Fortschritt auf individueller und kollektiver Ebene.

Studien zeigen, dass Angstzustände, Depressionen, Schizophrenie und andere psychische Erkrankungen die Gleichgewichtsfähigkeit sowohl beim Gehen als auch beim Stehen beeinträchtigen. Was aber, wenn die Gleichgewichtsstörungen nicht Folge, sondern Ursache der psychischen Erkrankung sind?

Dass das Kleinhirn bei der Kontrolle von Bewegungen eine Rolle spielt, ist schon lange bekannt. Die jüngere Forschung hat nun gezeigt: Es spielt auch bei der Feinabstimmung unserer Gedanken und Emotionen eine Rolle. Das könnte erklären, warum manche psychischen Erkrankungen oft mit Gleichgewichtsstörungen einhergehen.

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Medizinische Revolution

Diese Erkenntnis eröffnet bahnbrechende präventive und therapeutische Perspektiven. Eine breit angelegte Forschung in diesem Bereich könnte neue Erklärungsansätze und Bewältigungsstrategien für Menschen mit psychischen Störungen wie Depressionen, Angststörungen, Essstörungen, posttraumatischen Belastungsstörungen etc. liefern und die herkömmlichen, rein biochemischen Modelle der psychischen Gesundheit grundlegend verändern.

Sensorische Dysbalance als Auslöser psychischer Leiden

Unser Gehirn generiert unser Körperbild und ermöglicht uns Orientierung und Stabilität durch die Integration von Informationen aus verschiedenen sensorischen Systemen, darunter das visuelle, auditive, propriozeptive und vestibuläre System. Diese Systeme arbeiten eng zusammen, um eine umfassende Wahrnehmung unseres Körpers im Raum zu schaffen und uns dabei zu helfen, uns in unserer Umgebung zurechtzufinden.

Wenn das Zusammenspiel der sensorischen Systeme zur Generierung des Körperbildes und zur Orientierung gestört ist, kann dies zu einer Vielzahl von Problemen führen, insbesondere im Hinblick auf psychische Störungen wie Depressionen, Angststörungen, Hypochondrie, Psychosomatische Störungen, Zwangsstörung, Borderline-Persönlichkeitsstörung, Essstörungen und Suchterkrankungen.

Dieser faszinierende Zusammenhang zwischen sensorischen Störungen und psychischen Erkrankungen gleicht einem dunklen, unerforschten Labyrinth im Herzen der Neurowissenschaften. Die unzureichende Erforschung dieses Bereichs ist nicht nur ein wissenschaftliches Manko, sondern hat auch erhebliche Auswirkungen auf die Betroffenen. Menschen, die mit psychischen Störungen zu kämpfen haben, könnten in den Rissen dieser unerforschten Verbindung eine vielversprechende Quelle der Erklärung und möglicherweise der Bewältigung finden.

Sollte es gelingen, sensorische Dysfunktionen als initiierenden Faktor für psychopathologische Zustände nachzuweisen, könnte dies eine signifikante Veränderung der bislang vorherrschenden biochemischen Modelle im Kontext psychischer Störungen darstellen. Diese Erkenntnis könnte eine scheinbar einfache Strategie für präventive und therapeutische Ansätze aufzeigen: nämlich ein gezieltes Training der Propriozeption und des vestibulären Systems, unterstützt durch eine Umgebung, die vielfältige sensorische Erfahrungen begünstigt.

Die Forschung der letzten 70 Jahre liefert bereits belastbare Hinweise in diese Richtung:

Sensorische Integration bei Autismus-Störungen (ASD): Viele Menschen mit ASD haben Schwierigkeiten, sensorische Informationen zu verarbeiten und zusammenzuführen. Dies führt zu den typischen Verhaltensweisen bei ASD, wie wiederholtem Verhalten, sozialen Herausforderungen und Kommunikationsproblemen. Es besteht also eine klare Verbindung zwischen der Art und Weise, wie sensorische Reize verarbeitet werden und den psychologischen Zuständen.

Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS): ADHS ist eine neurologische Entwicklungsstörung, die sich durch eine Trias von Symptomen manifestiert: motorische Unruhe, Impulsivität und koordinative Defizite. Obwohl ADHS die häufigste Diagnose bei Kindern ist, sind die genauen Ursachen von ADHS immer noch nicht geklärt. Die Symptome können auf ein zugrunde liegendes sensomotorisches Ungleichgewicht zurückgeführt werden. Menschen mit ADHS haben häufig Schwierigkeiten bei der Verarbeitung von Sinnesreizen, was dazu führt, dass sie Bewegung als eine Form der Selbstregulation und Selbststimulation einsetzen. Die Impulsivität von Menschen mit ADHS kann als Versuch gesehen werden, soziale Interaktionen zu initiieren, und die Koordinationsschwierigkeiten sind auf einen Mangel an Übung und Erfahrung im Umgang mit dem eigenen Körper zurückzuführen. Das chaotische, unstrukturierte Verzetteln, Vergessen, Verlegen ist auf den mangelnden Kontakt mit sich selbst zurückzuführen. Interessanterweise führt die Behandlung mit Ritalin häufig zu Schwindel, Gleichgewichts- und Koordinationsstörungen, Stimmungsschwankungen und Unruhe. Die Ursache wird nicht behoben, sondern verschärft.

Posttraumatische Belastungsstörung (PTSD) und sensorische Reizüberflutung: Menschen mit PTSD haben oft eine erhöhte Empfindlichkeit gegenüber sensorischen Reizen, die an das traumatische Ereignis erinnern. Zum Beispiel lösen bestimmte Gerüche oder Geräusche starke emotionale Reaktionen oder Flashbacks aus, in welchen sie zeitweise den Kontakt zu ihrem Körper verlieren. Dies weist auf eine enge Verbindung zwischen sensorischer Wahrnehmung und psychologischem Wohlbefinden hin.

Depression und sensorische Anhedonie: Anhedonie, die Unfähigkeit, Freude aus normalerweise angenehmen Aktivitäten zu empfinden, ist ein häufiges Symptom von Depression. Dies hängt mit einer gestörten sensorischen Verarbeitung zusammen, welche die Fähigkeit beeinträchtigt, sensorische Freude oder Genuss zu erleben.

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Dissoziative Störungen: Bei dissoziativen Störungen kommt es oft zu veränderten Körperwahrnehmungen. Die Betroffenen erleben eine Art Entfremdung oder Distanzierung vom eigenen Körper, die als Depersonalisation bezeichnet wird. Dies kann sich in dem Gefühl äußern, dass sie ihren Körper von außen betrachten oder dass Teile ihres Körpers nicht zu ihnen gehören. Eine weitere Erscheinungsform ist die Derealisation, bei der die Umgebung oder die Welt um den Betroffenen herum als unwirklich, fremd oder verändert wahrgenommen wird.

Angststörungen und Panikattacken: Viele Menschen berichten während Angstzuständen und Panikattacken von Veränderungen in ihrer sensorischen Wahrnehmung. Sie empfinden ihre Umgebung als intensiver oder distanzierter oder erleben ein Gefühl der Entfremdung von sich selbst. Diese Veränderungen können auf eine Beeinträchtigung der sensorischen Verarbeitung während stressiger Situationen hinweisen.

Sensorische Deprivation: Sensorische Deprivation bezeichnet die gezielte Reduktion von Sinneswahrnehmungen wie Sehen, Hören und Fühlen. Ursprünglich in den 1950er Jahren entdeckt und im Rahmen von Projekten wie dem MK-Ultra-Programm erforscht, diente diese Praxis sowohl der Erforschung menschlicher Wahrnehmungsprozesse als auch später als Mittel der Folter und psychologischen Beeinflussung, insbesondere durch Institutionen wie die CIA.

Sensorische Deprivation, insbesondere wenn sie über Stunden und Tage andauert, führt zu schwerwiegenden negativen Auswirkungen. Dazu gehören psychische Beeinträchtigungen wie Desorientierung, Verwirrtheit, Störungen der räumlichen Wahrnehmung, Angstzustände, Halluzinationen, depressive Verstimmungen und psychotische Symptome. Auch Gedächtnisprobleme, Konzentrationsschwierigkeiten und Schlafstörungen können auftreten. Verursacht werden diese Effekte durch eine Unterstimulation des Gehirns, die zu einer erhöhten Aktivität in bestimmten Hirnregionen führt und die Emotionsregulation sowie kognitive Funktionen beeinträchtigt.

Störungen und Stimulationseffekte: Störungen im vestibulären System können zu einer Vielzahl von Symptomen führen, darunter Schwindel, Übelkeit, Gleichgewichtsverlust und Desorientierung. Interessanterweise kann jedoch auch die gezielte Stimulation des vestibulären Systems zu ungewöhnlichen sensorischen Erfahrungen führen. In einigen Fällen haben Experimente gezeigt, dass eine starke vestibuläre Stimulation “außerkörperliche Erfahrungen” oder eine verzerrte räumliche Wahrnehmung hervorrufen kann. Dr. Kathleen Cullen ist eine Neurowissenschaftlerin und Professorin an der McGill University in Montreal, Kanada. Sie hat umfangreiche Forschung im Bereich des vestibulären Systems und seiner Auswirkungen auf die Wahrnehmung und das Gleichgewicht durchgeführt.

Schwerelosigkeit und Wahrnehmungsverzerrungen: In Abwesenheit von Schwerkraft werden Signale aus dem zentralen vestibulären System, den peripheren Druckrezeptoren und dem visuellen Sinn irreführend, sodass es zu unmittelbarer Wahrnehmungsverwirrung und anschließender Desorientierung kommt. Viele Astronauten haben plötzlich das Gefühl, auf dem Kopf zu stehen, oder sie können die Lage ihrer eigenen Arme und Beine nicht genau wahrnehmen. Diese Desorientierung wird als Space Adaptation Syndrome (SAS) bezeichnet.

Parkinson und Gleichgewicht: Seit vielen Jahren wird vermutet, dass die Parkinson-Krankheit mit Problemen im Gleichgewichtssystem zusammenhängt, vor allem weil Schwierigkeiten mit der Körperhaltung ein Hauptmerkmal dieser Krankheit sind. Allerdings hat es gedauert, bis klare Beweise für diese Verbindung aufgetaucht sind. Es gibt immer noch nicht viele Studien, die sich mit den Augen-Balance-Reaktionen bei Parkinsonerkrankten beschäftigen. Aber es gibt überzeugende Beweise für Schwierigkeiten im Gleichgewichtsreaktionssystem, die sich in Form von abnormen, durch das Gleichgewichtssystem hervorgerufenen Muskelreaktionen zeigen. Es ist nicht immer eindeutig, ob es Abweichungen in der Wahrnehmung der vertikalen Ausrichtung gibt. Allerdings deuten einige Studien darauf hin, dass bei der Parkinson-Krankheit die Verarbeitung von visuellen und Gleichgewichtsinformationen gestört sein könnte.

Heilung oder Profit?

Paradoxerweise beeinträchtigen viele Psychopharmaka unsere Körperwahrnehmung und unseren Gleichgewichtssinn. Benzodiazepine, die häufig zur Behandlung von Angstzuständen und Schlafstörungen eingesetzt werden, wirken beruhigend, beeinträchtigen aber auch unsere Wahrnehmung, unser Körpergefühl und unser Gleichgewicht. Einige Antipsychotika können Schwindel verursachen, und einige trizyklische Antidepressiva und Serotonin-Wiederaufnahmehemmer können Schwindel oder Gleichgewichtsstörungen hervorrufen. Auch Medikamente gegen Übelkeit (Antiemetika) können das Gleichgewicht beeinträchtigen, ebenso wie beruhigende Antiepileptika.

Die Symptome werden gedämpft, aber die vermeintliche Ursache wird verschärft. Dadurch ist die Abhängigkeit von solchen Medikamenten und der Drehtüren-Effekt in den Psychiatrien garantiert.

Die Pharmaindustrie ist eine der mächtigsten Lobbygruppen der Welt. Dies liegt hauptsächlich an der enormen wirtschaftlichen Bedeutung und dem Einfluss, den die Pharmaindustrie auf die Gesundheitspolitik, die Forschung und die Gesundheitsversorgung ausübt. Sie profitiert in erheblichem Maße von der Behandlung psychischer Erkrankungen mit Medikamenten wie Antidepressiva, Antipsychotika und Angstlösern. Wenn sich herausstellen würde, dass die sensomotorische Dysbalance tatsächlich eine grundlegende Rolle bei der Entstehung dieser Erkrankungen spielt und durch gezielte Stimulation behoben werden kann, würde dies die Profite der Pharmaindustrie drastisch beeinträchtigen.

Use it or lose it

Blinde Menschen haben von Natur aus einen schlechten Gleichgewichtssinn. In einer Studie wurde erforscht, wie das Gleichgewicht bei Blinden verbessert werden kann. Dabei wurde von den Teilnehmern 12 Wochen ein Gleichgewichtstraining absolviert. Die Ergebnisse zeigten signifikante Verbesserungen im dynamischen, statischen und funktionellen Gleichgewicht. MRT-Bilder des Gehirns vor und nach dem Training zeigten strukturelle Veränderungen in bestimmten Bereichen, die mit dem Gleichgewicht in Verbindung stehen. Dies legt nahe, dass das Gleichgewicht bei Blinden durch Training deutlich verbessert werden kann. Dieses Training führt zu Veränderungen in Gehirnarealen, die mit der Verarbeitung von Bewegungen im Raum, sowohl in Bezug auf die Körperposition (Propriozeption) als auch auf die räumliche Orientierung durch das Gleichgewichtsorgan (Vestibularsystem), verbunden sind.

Was für Blinde gilt, gilt auch für Sehende. Durch gezieltes Training können wir unser Gleichgewicht und unsere Körperwahrnehmung verbessern. Ältere Menschen müssen dabei doppelt so viel investieren wie Jüngere unter 40 Jahren. Während Ältere etwa 36 bis 40 Trainingseinheiten von je 35 Minuten benötigen, reichen jüngeren Personen 16 bis 19 Einheiten von 15 Minuten. Jede herausfordernde Aktivität hilft dem Gleichgewicht.

Wir stehen heute vor einer einzigartigen Gelegenheit, die Kontrolle über unsere physische und psychische Gesundheit zu übernehmen und selbst zu Forschern zu werden. Die Hypothese der sensomotorischen Dysbalance bietet einen neuen Ansatz, um diese Herausforderungen zu bewältigen. Lasst uns nicht länger auf die Forschung warten, sondern aktiv werden! Egal in welchem Alter oder Fitnessgrad, der richtige Zeitpunkt für den Beginn ist jetzt.

Ein 12-wöchiges Trainingsprogramm folgt demnächst. Wer will, kann bis dahin schon mal barfuß laufen, einbeinig die Ferse heben, auf Zehenspitzen gehen und immer wieder auf einem Bein stehen; beim Anziehen, Zähneputzen, Haare föhnen, Geschirrspülen, Kochen und Schuhe binden.

Jack Kabey

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